/ Auf den Spuren des Domain-Goldrausches
/ nic.at News - 23.09.2019 07:44
Auf den Spuren des Domain-Goldrausches
Ende des 20. Jahrhunderts herrschte Goldgräberstimmung in der Welt der Internetadressen. Die Devise: Domains günstig kaufen und teuer weiterverkaufen. Schlagzeilen über Millionendeals bestimmten damals die Öffentlichkeit. Ist das heute auch noch so? Wie sieht die aktuelle Situation auf dem Markt aus? Ein Blick hinter die Kulissen des Domainhandels.
Madonna ärgert sich bestimmt manchmal heute noch, wenn sie an ihre Domainadresse denkt. Allerdings hat die „Queen of Pop“ das Thema auch ziemlich verschlafen. Aber der Reihe nach: Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere macht die US-amerikanische Sängerin Mitte der 90er-Jahre eine Pause und zieht sich aus dem Showgeschäft zurück. Dem Internet misst damals kaum jemand Bedeutung bei. Die Domain madonna.com ist zu diesem Zeitpunkt bereits jahrelang auf dem Markt, niemand will sie haben. Auch die Pop-Diva nicht. Aber dann, kurz vor ihrem Comeback 1998, wird die Domain doch gekauft. Für 20.000 US-Dollar. Das Problem: nicht von Madonna. Die hat aber mittlerweile auch bemerkt, dass es wichtig wäre, sich die Domain zu sichern. Was dann folgt, ist eine Aneinanderreihung von gerichtlichen Auseinandersetzungen und ein Kampf um die Domain madonna.com.
Domainhandel wird ein Geschäftsmodell
Die Geschichte von Madonna und ihrer Wunsch-Domain ist nur ein Beispiel von vielen. Zahlreiche Unternehmen, Behörden und Künstler versäumen es in den Anfangszeiten des World Wide Web, eine aussagekräftige Domain zu registrieren. Andere - die weitsichtiger sind - nutzen das aus. Wer schnell genug ist, die Wichtigkeit einer Domain erkennt und sich diese sichert, kann gutes Geld mit dem Verkauf verdienen. Frei nach dem Motto: „first come, first served“. Ein steigender Wert bei nur geringem Kapitaleinsatz. Mit dem Domainhandel entsteht ein neues Geschäftsmodell. Anfang der 2000er-Jahre mehren sich dann Schlagzeilen wie: „Millionengewinne durch Domainverkäufe“ und „Goldgräberstimmung unter Domain-Spekulanten“. Die beiden Domains business.com und the-wall-street.com werden im Jahr 1999 verkauft und zählen mit neun Millionen Euro bis heute mit zu den teuersten Domains.
Auch heute noch reger Domainhandel
Das ist nun fast 20 Jahre her. Der Markt hat sich beruhigt. 2018 ist die.at-Zone um 17.642 Domains gewachsen. Damit gibt es 1.307.435 registrierte .at-Adressen weltweit (Stand August 2019). Schlagzeilen über spektakuläre Auktionen oder rechtliche Auseinandersetzungen sind kaum mehr zu hören. Mittlerweile hat sich die Gesetzeslage verschärft und schützt Markeninhaber vor Missbrauch. Deshalb werden vor allem generische – also beschreibende – Domains wie turnschuh.at rege gehandelt. Die guten generischen Domains sind allerdings längst vergeben. Der Markt scheint abgeschöpft zu sein. Kann man trotzdem auch heute noch viel Geld mit dem Handeln von Domains verdienen? Die Summen hören sich zumindest nach wie vor gigantisch an. Ein Blick auf die aktuellen Bestwerte: Für 750.000 US-Dollar ging 2018 die Domain files.com über den Tisch.
Domainhandel im oberen Preissegment
Daniel Dingeldey, Rechtsanwalt und Domainexperte, sagt: „Man kann nach wie vor sehr gutes Geld mit Domainhandel verdienen.“ Dingeldey betreibt den Blog domain-recht.de, den größten deutschsprachigen Blog rund um das Thema Internet-Domains. In einem Newsletter hält er seine Community auf dem Laufenden. Er betont aber: Das große Geld macht man eher in den oberen Preissegmenten. Die höchsten Umsätze, die für viel Aufmerksamkeit sorgen, sind Wiederverkäufe. „Das heißt, dass ein Investor zunächst in eine werthaltige Domain investieren und deutlich Grundkapital mitbringen muss“, sagt Dingeldey. Das Ziel der besten und bekanntesten Domaininvestoren sei es, einen möglichst großen Schnitt zu machen. Also eine Domain zum Preis von 200.000 US-Dollar zu kaufen und für zwei Millionen US-Dollar zu verkaufen. So einfach ist das aber nicht. „Zeit, Geduld und finanzielle Sicherheit sind dafür Voraussetzung“, so Dingeldey. Aber auch mit alltäglichen Domain-Flips könne man Gewinne machen. Es ist ein ganz normales Business. „Also Domains für 200 US-Dollar kaufen und für 400 US-Dollar gleich verkaufen. Das ist allerdings sehr viel Arbeit.“
Domainhandel auf Plattformen
Wie kommt ein Domainhandel überhaupt zustande? Plattformen wie Sedo, das Unternehmen ist eine Konzerntochter der United Internet, bringen Verkäufer und Käufer zusammen. Manche Domains werden beispielsweise im Rahmen einer Auktion angeboten, bei der das höchste Gebot gewinnt. 19 Millionen Domains stehen bei Sedo zum Verkauf. Neben diesen Plattformen gibt es auch Domainhändler, die ihre registrierten Domains auf Webseiten anbieten. Oder direkt potenzielle Kunden ansprechen. Es kann dabei immer passieren, dass eine für geringes Geld gekaufte Domain an Wert gewinnt. Laut Sedo sind einige dieser Adressen heute tatsächlich Millionen wert. Bevor jemand also eine alte Domain löschen will, sollte man auf jeden Fall kurz prüfen, wie hoch der Wert ist.
Endungen spielen bei Domainhandel große Rolle
Für den Handel spielt die Top-Level-Domain eine große Rolle. „Nach wie vor ist .com die bevorzugte Endung bei Domain-Investoren“, sagt Experte Dingeldey. Domains mit dieser Endung erzielen höhere Preise. „Allerdings betrifft das ganz überwiegend die US-amerikanische Domainer-Szene.“ Wer zum Beispiel den europäischen Domain-Markt ansprechen will, fährt auch mit Länderendungen wie .at, de., oder .fr gut, so Dingeldey. 2014 wurden die sogenannten gTLDs (generic Top Level Domains) eingeführt, damit sind auch Endungen wie .shop oder .club möglich. „Die neuen generischen Endungen haben nach meiner Einschätzung den Fuß noch nicht in der Tür“, so der Dingeldey.
Madonna geht auf Nummer sicher
Häufig kommt es vor, dass Unternehmen oder Privatpersonen eine bestimmte Domain wünschen und - wie im Fall Madonna - dann feststellen, dass diese bereits vergeben ist. Betroffene können Kontakt mit dem Domaininhaber aufnehmen und ihr Glück versuchen. Da dies aber nicht immer von Erfolg gekrönt ist, empfiehlt es sich auch, nach Alternativen zu suchen.
Für Madonna ging am Ende alles gut aus. Heute gehört ihr die Domain madonna.com. Wie viel sie das kostete, ist nicht überliefert. Wie die Handelsplattform Sedo berichtet, hat sich die Pop-Diva auch noch mehrere andere Top-Level-Domains registrieren lassen. Sicher ist sicher.
Schon gewusst?
Bei TV-Sendern ist die Top-Level-Domain .tv besonders beliebt. Diese Endung hat allerdings nichts mit dem Wort Television zu tun. Es ist das Länderkürzel des Staates Tuvalu, zugewiesen von der Internationalen Organisation für Normung (ISO). Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 40 Millionen US-Dollar hatte das Land, das im Südwesten des Pazifischen Ozeans liegt, 2017 die kleinste Volkswirtschaft der Welt. Das Land verkauft die Rechte an der Top-Level-Domain aber an eine Vergabestelle, das beschert Tuvalu beträchtliche Einnahmen. Fünf Millionen US-Dollar sind es pro Jahr. Das Land entrichtete damit unter anderem die Aufnahmegebühr für die Vereinten Nationen. Bekannte Beispiele sind arte.tv oder spiegel.tv.
Die teuersten Domainverkäufe 2018:
Files.com 750.000 US-Dollar
Christian.com 600.000 US-Dollar
Dax.com 500.000 US-Dollar
Die Domainzahlen der TLD 2018:
.at 1.298.943 (+17.624 im Vergleich zum Vorjahr)
.de 16.204.526 (- 108.614 im Vergleich zum Vorjahr)
.com 138.992.610 (+7.097.320 im Vergleich zum Vorjahr)
Quelle: sedo.de und domain-recht.de