/ Domainbranche hofft auf Umsatzboom aus China

Feb 17

/ Pressemeldungen - 17.02.2017 14:00
Domainbranche hofft auf Umsatzboom aus China

Rasante Digitalisierung, Wirtschaftswachstum und Spekulationslust: Das sind die Faktoren, die derzeit für Zuwächse bei Domainregistrierungen aus China sorgen und die europäische Domainindustrie frohlocken lassen. Beim Domain pulse in Wien diskutierten Branchenexperten mit China-Erfahrung die Chancen und Risiken dieses neuen Markts – und die Besonderheiten, die man dabei in Kauf nehmen muss.

„Über zehn Millionen Domains wurden 2016 in China registriert – und 2017 wird noch besser!“ verkündete Ray Zheng, CEO von Racent Inc, einem der größten chinesischen Hoster, zu Beginn der Diskussion. Zwei Gründe sieht er dafür verantwortlich: Auf der einen Seite werden speziell im digitalen Bereich laufend Firmen gegründet und auch traditionelle Unternehmen, genauso wie Privatpersonen legen sich Webpräsenzen zu. Auf der anderen Seite beobachtet er speziell seit den letzten fünf Jahren den rasant ansteigenden Domainhandel zu Spekulationszwecken. Besonders beliebt sind Domains mit Zahlenkombinationen und generell gilt: je kürzer, desto besser.

Der Spieltrieb der Chinesen

Giuseppe Graziano, Domain-Broker auf dem chinesischen Markt, erklärte das Phänomen: „Die Chinesen spekulieren gerne, spielen gerne und legen gerne ihr Geld in etwas an – oft auch mit Risiko und mit dem einzigen Ziel, gewinnbringend weiter zu verkaufen.“ Graziano ist spezialisiert auf Kurzdomains unter .com, die zum Teil um Millionenbeträge nach China verkauft werden. Der bisherige Höhepunkt chinesischer Domainregistrierungen fand im Herbst 2016 statt. Statistiken zeigen, dass bei Preisaktionen (also z.B. Domains um 1 Cent) 350.000 Domains innerhalb einer Minute für chinesische Inhaber neu registriert werden.

Erfolgsrezept Beziehungspflege

Die Domainhandelsplattform Sedo ist schon seit zehn Jahren in China mit einer eigenen Niederlassung aktiv. Matthias Meyer-Schönherr, Vice President von Sedo, kennt die Domain-Spekulanten, aber auch die Unternehmen, die viel Geld für eine passende Domain ausgeben und dann ihre Internet-Präsenz darauf aufbauen. Er sieht in China ein riesiges Potenzial, die Internet-Szene boomt und ist sehr lebendig, aber man muss sich auch auf besondere Gegebenheiten einstellen. Sein Tipp für alle, die auf den chinesischen Markt wollen: sich Zeit lassen, den Markt genau analysieren, relevante Angebote schaffen und vor allem in Beziehungen investieren und Vertrauen aufbauen.

Domainvergabe nur mit Erlaubnis der Regierung

Dass es ohne Netzwerk und Beziehungspflege nicht geht, diese Erfahrung hat auch Philipp Grabensee, Co-Gründer von Afilias, gemacht. Afilias ist Registrierungsstelle für Endungen wie .org , .asia oder .info und seit kurzem in China lizensiert. „Will man in China als Domainvergabestelle tätig sein, braucht man eine Genehmigung der chinesischen Regierung“, erzählte Grabensee. Ist hierzulande alles genau gesetzlich geregelt, hat in China die administrative Ebene viel mehr Verhandlungsspielraum in der Auslegung der Regelungen. Daher ist es von Vorteil, ein gutes Verhältnis zu den handelnden Personen aufzubauen und dieses auch zu pflegen. „Verhandlungen können sonst sehr schnell zum Albtraum werden“, so der Jurist.

Internet-Branche kritischer beäugt?

Auf die Frage nach Schattenseiten oder Bedenken beim China-Boom meinten die Diskutanten einhellig: Man müsse eben gewisse Spielregeln einhalten und Gegebenheiten akzeptieren. Meyer-Schönherr dazu: „Domains sind der Schlüssel zum Internet, sie geben Zugang in die digitale Welt. Daher stehen wir sicher unter strengerer Beobachtung von offizieller Seite als andere Branchen. Das kann es natürlich erschweren, sich zu etablieren.“ Grabensee ergänzte: „In China ist vorgeschrieben, dass jede Domainregistrierung gegen eine Datenbank der Regierung validiert wird. Was da genau überprüft wird, kann ich nicht sagen.“

Wachstum als Chance

Einig sind sich die Experten auch hinsichtlich der weiteren Entwicklung. Auch wenn spektakuläre Domainverkäufe durch die Medien gehen und schnelles Geld bedeuten: Das langfristige, nachhaltige Wachstum kommt von der Wirtschaft – wenn sie wächst, wachsen die Domainregistrierungen automatisch mit. Und da ist noch ungeheures Potenzial, wie Meyer-Schönherr betonte: „Zwanzig Prozent Wachstum im chinesischen E-Commerce, das ist unsere Chance!“